Julias Tapetenwelt . Julia Jauch

Geschichte alter Tapeten

Um die Geschichte dieser Wandgestaltung herleiten zu können, muss man die Begriffe erklären und das Material aus dem die Wanddekorationen hergestellt sind genau definieren.

Im Europäischen Sprachraum lassen sich Bezeichnungen finden, die ins Deutsche übersetzt den Wandschmuck gut beschreiben. Im Englischen »Wallpaper« übersetzt »Wandpapier« oder aus der Französischen Sprache »Papier peints« übersetzt »bemaltes Papier«. In den Niederlanden wird Tapete mit »Behang« übersetzt.

Das Wort »Tapete« stammt hingegen aus dem Griechischen und leitet sich von »tapes« ab was so viel bedeutet etwas zudecken, mit einer Decke bedecken.

Der lateinische Begriff »tapetum« meint »Teppich« auch wieder »Decke« und im Persischen der Begriff »tapeh«.
In den Nomadenzelten bedecke man häufig den Fußboden und behängte häufig die Zeltwände mit farbigen Teppichen.

»Tapisserie« bezeichnet einen Wandteppich oder Wandbehang.
Eine ältere Bezeichnung »Tapisserie de papier« weist schon auf das Material Papier hin.
Seit dem 19. Jahrhundert wird unter Tapete »bedrucktes Papier« verstanden. Tapete war ein Luxusprodukt, welches sich nur die gehobene Bürgerschicht und Adelshäuser leisten konnten.

Ihren Ursprung hat die Tapete im Orient. Bevor man günstige Papiertapeten benutzte, schmückten die Monarchen ihre Wände vor allem mit Wandteppichen und textilen Wandbespannungen. Bis ins 18. Jahrhundert nannte man diese deshalb auch „türkische Tapeten“. Da diese überaus teuer waren, nahmen die französischen Adligen des 15. Jahrhunderts ihre wertvollen Gobelins bei Reisen von Schloss zu Schloss mit.

Ledertapeten

Schon im 11. Jahrhundert wurden im arabisch-maurischen Spanien Ledertapeten (sogenannte Córdoba-Tapeten, nach dem Ort ihrer Herstellung) gefertigt. Sie hießen zuerst Guadamiciles (nach der libyschen Stadt Ghadâmes), wo Schafleder verwendet wurde. In Cordoba, wohin das Lederhandwerk aus dem mozarabischen Raum gebracht wurde. begrenzten. Bis zu vierzig verschiedene Arbeitsgänge waren nötig, bis das Leder als Tapete verwendet werden konnte: nach dem Gerben wurde versilbert, poliert, mit goldfarbenem Lack überzogen, worauf die gewünschten Muster mit hölzernen Modeln eingepresst und der Grund von oben mit Punzen gemustert wurde. Auch trat später Malerei hinzu. Die einzelnen Lederstücke wurden mittels Lederschnüren zusammengenäht und auf hölzernen Leisten sogenannten Stellagen befestigt.

Im 16. Jahrhundert wurden Ledertapeten in Venedig und Sizilien, im 17. Jahrhundert in den Niederlanden und Frankreich, auch in Deutschland und England verfertigt, bis sie im 18. Jahrhundert durch Seiden- und Papiertapeten verdrängt wurden. Zur Gründerzeit kamen sie wieder in Mode, besonders durch die Manufaktur G. Hulbe in Hamburg. Sie konnten bald mittels eines speziellen Verfahrens und einer Papierpresse aus Papier imitiert werden.

Die ersten Papiere an der Wand

Im Jahr 1469 wurden dann erstmals Tapezierversuche in einigen Ortschaften am Mittelrhein durchgeführt. Am Christ’s College in Cambridge in England findet sich eine Schwarz-Weiß-Tapete aus dem Jahr 1509, die aus ausgemusterten Dokumenten besteht, deren Rückseite bedruckt wurde. Aus den Jahren 1580 bis 1600 stammen sogenannte Fladerpapiere, die im fränkischen Bad Windsheim in einem historischen Bürgerhaus gefunden wurden.

Die Ostindischen Handelskompagnien brachten im 16. Jahrhundert handbemalte chinesische Papiertapeten nach Europa. Nach deren großem Erfolg begann in England und Frankreich die Herstellung einheimischer Papiertapeten, so dass bereits 1586 erste Papiertapetenmacher bekannt wurden.

Dieser Erfolg stellt einen Meilenstein in der Geschichte der Tapeten dar, denn daraufhin wurde in Frankreich und England begonnen, Papiertapeten selbst herzustellen. Die ersten Exemplare wurden von Papiertapetenmachern in mühevoller Handarbeit gefertigt, da sowohl die Papierherstellung als auch der Tapetendruck noch nicht industriell erfolgten. Erst das Stoffdruckverfahren, welches Mitte des 18. Jahrhunderts erfolgreich von Stoff auf Papier übertragen wurde, ebnete den Weg für eine mehr oder weniger serienmäßige Fertigung.

Der Papiertapetenhersteller Jerome Lanyer erhielt am 1. Mai 1634 von König Karl I. von England den Auftrag, Tapeten mit aufgeklebtem Staub aus gefärbter Wolle herzustellen, der Vorgänger der Velourstapeten.

Bis die Industrie der Kattundruckereien neue Maßstäbe setzte, bedruckte man die Tapeten noch per Hand. Das um 1750 technisch hochstehende Stoffdruckverfahren wurde in England und Frankreich auf das Papier übertragen. Bei den Mustern richtete man sich nach dem jeweiligen Zeitgeschmack.

Erst die Kombination von Papierherstellung und Druck ermöglichte eine Art Serienfertigung: In französischen und englischen Papier-Manufakturen entstanden als Vorläufer der Tapete die sogenannten Dominotiers, bedruckte Einzelbögen. Sie wurden bereits im 17. Jahrhundert mit Modeln aus Holz gedruckt und hatten Rapportmuster, die eine fortlaufende Flächengestaltung erlaubten. Das war eine Drucktechnik, die sich bereits im Stoffdruck bewährt hatte.

Gegen Ende des 17. Jahrhunderts kamen aus England erste raumhohe Tapetenbahnen, die aus zusammengeleimten, handgeschöpften Papierbahnen bestanden. Mit der Zeit entwickelte sich zudem eine immer präzisierterte sowie ausgefeilte Handdrucktechnik. Handbemalt oder mit Schablonen und Holzmodeln bedruckt entstand eine breite Palette an Dessins.

Vom Barock bis Bauhaus

Im Barock standen Goldleder und Akanthusblatt-Verzierungen hoch im Kurs. Schwere Farben, punzierte, also geprägte Goldledertapeten, üppige Motive aus geschwungenem Bandwerk und Ornamente des gezackten Akanthusblatts bestimmen das Zeitalter.
Im Rokoko übernahmen Rocaille und Chinoiserien die Stil-Vorherrschaft; die prunkvollen und schweren Formen wandeln sich ins Zierliche und Leichte. Typisch ist das asymmetrische Muschelmotiv, die so genannte Rocaille. Neben zartem Blumendekor war auch die sogenannte Chinoiserie sehr beliebt: Handbemalte chinesische Tapeten mit exotischer, fernöstlicher Blütenmalerei galten als Inbegriff von Luxus.

Die mit der klassizistischen Architektur in den 1790er Jahren in Mode gekommenen Landschaftstapeten nannte man „Pariser Tapeten“, da die meisten Manufakturen sich in dieser Stadt befanden. In Deutschland gründete Johann Christian Arnold in Kassel im Jahre 1789 die erste größere Tapetendruckerei, bald folgten andere Hersteller, etwa in Berlin.

Klassizismus

Im Klassizismus und Empire dominierte die Rückbesinnung auf die geradlinige Formensprache der Antike. Elemente der griechischen oder der frisch entdeckten pompejanischen Malerei und Herrschaftssymbole wie Lorbeerkränze und Säulen wurden zu streng symmetrischen Mustern geordnet. Typisch war die sogenannte „Groteske“, ein an der Mittelachse symmetrisch gespiegeltes Ornament, das zarte Ranken und phantasievolle, auch maskenartige Motive römischen Ursprungs zeigte.

Biedermeier

Das Biedermeier liebte Landschaftszimmer mit Panoramatapeten, die den Raum nach außen weiteten und so die aufkommende Naturbe-geisterung und das vermeintlich „einfache“ Leben aufnahmen. Die Inneneinrichtung war Ausdruck eines einfachen, nicht zuerst auf Außendarstellung bedachten Lebensstils, die dazugehörige Tapete passte sich an: Kleine Muster und romantische Motive aus der Natur waren gefragt.
Im Historismus, der in verschiedenen Ausprägungen praktisch das gesamte 19. Jahrhundert umfasste, sorgte die technische Neuerung des Rotationsdrucks für neue Möglichkeiten der großflächigen und aufwendigen Mustergestaltung. Die Leimdrucktapete wurde zum preiswerten Dekorationsmedium für jedermann. Stilmix war damals (wie heute auch) angesagt, Farben und Muster wurden ebenso konfus kombiniert, wie die Stile aufeinander folgten: Ob Neorenaissance, Neoklassizismus oder gar kolonialer Exotismus – es herrschte Stilpluralismus.

Jugendstil

Der Jugendstil kehrte zu einer organischen Formensprache zurück. Die neue Generation zu Beginn des 20. Jahrhunderts verlangte nach klaren, aber floral geprägten Formen, die sich über Wände, Möbel, Geschirr und andere Gegenstände zogen.

Art Deco

Das Art Deco war die Zeit ungewöhnlicher Tapetendessins. Geometrisches und Organisches verbanden sich und wurden abstrahiert.
Werkbund und Wiener Werkstätten bereiteten den Weg zur neuen Sachlichkeit. Eine „Steigerung“ erfuhr diese Tendenz im Funktionalismus, in dem das Design sich in seiner Form- und Farbsprache dem sachlichen Zweck unterordnete.
Legendär waren die Bauhaus-Tapetenkollektion und die Eintontapete von Le Corbusier. Sie markierten den Beginn der heutigen Unitapete als modernem Anstrichersatz. Heute ist stilistisch erlaubt, was gefällt. Wichtig sind die Vielfalt von Mustern und Designs und die einfache Handhabbarkeit, Verarbeitbarkeit (z.B. die Vliestapete) und anspruchsvolleren Kollektionen. Immer noch aber sind die Tapeten Ausdruck einer Wohnkultur die sich der individuellen Lebensweise eines jeden „Tapetenbesitzers“ widerspiegelt.

Panoramatapeten

Einen Höhepunkt in der Tapetengeschichte stellten die sogenannten Panoramatapeten dar. Auf bis zu 32 Tapetenbahnen, die allesamt mit Holzmodeln bedruckt wurden, zeigten sie imposante Kriegsschauplätze, Stadtansichten und Landschaften und Mythologische Geschichten.

Drucken mit Holzmodeln

Man bedruckte die Tapeten mit Modeln per Hand und klebte sie anfangs noch − wie von Holzleisten gerahmte Seidenstoffbespannungen des Rokoko − felderweise gegliedert an die Wand, schließlich aber über einem Holzpaneel ganzräumig bis zur Decke. Die seriellen Motive variierten. Neben idyllischen Landschaftsszenen wurden auch zahlreiche andere Dekore, Tier- oder Pflanzenmotive, exotische Bilder usw. verwendet. Auch die Umrahmungen und Bordüren wurden gedruckt, meist auf Einzelbahnen. Schon der gänzliche Verzicht auf plastisches Wanddekor wie Stuck, Stoffbespannungen und gerahmte Gemälde wirkte nach den Gewohnheiten des Barock und der Renaissance in Adelspalästen „revolutionär“.

Der aus dem elsässischen Mülhausen stammende Tapetenfabrikant Jean Zuber (1773–1852) versuchte bereits ab 1790 in der Tapetenfabrik „Nicolas Dolfus & Cie“, in der er angestellt war, mit gravierten Kupferwalzen und zusammengeklebten Papierbahnen Tapeten zu bedrucken. Da sich Papier damals noch nicht wie Stoff in meterlangen Bahnen herstellen ließ und das Papier beim Zusammenkleben immer wieder Falten schlug, war ein gleichmäßiges Bedrucken unmöglich, was Zubers diesbezügliche Versuche somit nutzlos machten. Erfolgreicher war er mit der Methode, die Papierbahnen mit Holzmodeln zu bedrucken. Im Jahr 1795 wurde die Tapetenfabrik, in der Zuber arbeitete, in „Hartmann, Risler & Cie“ umbenannt. Nach dem Umzug der Fabrik nach Rixheim 1797 wurde sie schließlich unter dem Namen „Zuber & Cie“ bekannt. Zuber et Cie stellte unter anderem so anspruchsvolle Panoramatapeten her, dass die Manufaktur 1834 von König Louis-Philippe I. in die Ehrenlegion aufgenommen wurde. Zuber & Cie ist heute die weltweit letzte Druckerei, in der Landschaftstapeten mit den historischen Modeln in Handarbeit gefertigt werden.

Die Maschinenentwicklung

Die Erfindung des Rundschöpfsiebes machte um 1830 die Herstellung von Endlospapier möglich. Der erste Schritt zur industriellen Produktion der Tapete war damit vollzogen. Die anfangs noch dampfbetriebenen Maschinen des Rotationsdrucks ermöglichten nicht nur eine Produktionssteigerung, sondern auch günstigere Preise. Insofern nahmen auch die Tapeten an dem Prozess der Industrialisierung und Serienfertigung teil. Die Herstellung der Walzen war jedoch noch kunsthandwerklich und wenig rationell: Die massiven Holzwalzen wurden von Formstechern kunstvoll mit Metallstegen bestückt, größere Farbflächen wurden mit Filz ausgefüllt. Erst die Einführung des Nacheinander-Druckens einzelner Farben auf modernen, sogenannten Schnell-Läufern machte die Tapetenherstellung schließlich effizient und flexibel.
Jedes Jahr enstehen Neue Muster nach alten Vorlagen mit neuen Techniken und Papier.

Die Geschichte der Tapete entwickelt sich stets weiter und ich möchte dazu beitragen, dass diese facettenreiche Raumkunst, die über die Jahrhunderte hinweg den Geschmack dokumentiert nicht in Vergessenheit gerät.

Links zur Tapetengeschichte

https://de.wikipedia.org/wiki/Tapete
https://www.tapetenmax.de/magazin/die-geschichte-der-tapete-ein-historischer-rueckblick/
https://www.tapeten.de/wissenswertes/geschichte-der-tapete/